Donnerstag, Februar 22, 2018

FAZ: "Diese Definition von Sexualität wird allenfalls in islamischen Kalifaten geteilt"

1. Am 28. Februar entscheidet die Hamburger Bürgerschaft über einen zusätzlichen Feiertag für die Hansestadt. Eine fraktionsübergreifende Mehrheit plädiert für den 31. Oktober (Reformationstag).

Doch nun regt sich Widerstand gegen diesen von den Alphamännchen André Trepoll (CDU), Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) vorangetriebenen Antrag. Abgeordnete der Fraktionen SPD, Grüne und Linke reichten Dienstag einen Gegen-Antrag für den 8. März ein. "Die #metoo-Debatte zeigt: Feminismus ist notwendig", sagt Mareike Engels von den Grünen. Gerade jetzt, "wo rechte Gruppierungen Stimmung gegen Frauenrechte machen", sei es wichtiger denn je, bisherige Errungenschaften für Frauen zu feiern und weitere Verbesserungen anzumahnen. (...) Und Cansu Özdemir von den Linken hält den Frauentag in Zeiten, in denen rechte, antifeministische Kräfte Elemente der Gleichberechtigung bekämpften, für einen wichtigen Schritt.


Hier findet man den vollständigen Artikel.



2. Don Alphonso berichtet in der Frankfurter Allgemeinen:

Ich wurde das Opfer einer sexuellen Belästigung.

Und zwar ohne es zu wissen. Das ist schon ein paar Jahre her, aber trotzdem wende ich mich jetzt damit an die Öffentlichkeit. Bei der Täterin handelt es sich um eine junge Frau, die mein Blog hier las und nach einigen Mails fragte, ob wir uns vielleicht einmal treffen wollten, um miteinander auszugehen, sie wäre demnächst in Bayern. Der Zeitpunkt war extrem ungünstig, ich musste nach Italien, also sagte ich, wie man das so macht, leider Nein. Zwei Monate später kam sie erneut durch Bayern und fragte, ob ich diesmal vielleicht Lust hätte, sie zu treffen.

Ich hatte Zeit und sagte zu, wir trafen uns, und es war sehr angenehm. Ich lernte eine junge, schöne, kluge Frau kennen, die sich gewählt ausdrücken konnte und von einem reizenden Charme war.

Trotzdem hat sie mich sexuell belästigt, aber nicht etwa, weil sie mir dann unter dem Tisch ans Knie gefasst hätte, sondern weil ich beim ersten Versuch eines Treffens Nein gesagt habe, und sie es dann noch einmal versuchte. Jetzt werden Sie vielleicht sagen, ich hätte nicht mehr alle Nymphenburgtassen in der Rokokovitrine und es sei doch keine sexuelle Belästigung, noch mal nachzufragen. Sie täuschen sich. Das allein ist schon sexuelle Belästigung.

Zumindest an der Universität Harvard, wo man bei einer Untersuchung entdeckte, dass fast jede zweite Frau schon einmal während des Studiums Opfer einer Übergriffs wurde. Das ist für die Ivy League der US-Universität eine extrem hohe Zahl – und eben nur möglich, weil eine zweite Frage um ein gemeinsames Ausgehen nach einer ersten Absage als sexueller Übergriff gilt. Manche MeToo-Aktivistinnen behaupten, es ginge ihnen gar nicht um das normale Verhalten zwischen Männern und Frauen – aber sie argumentieren dann mit solchen "Untersuchungen", deren Definition von Sexualität in dieser Form allenfalls noch in islamischen Kalifaten geteilt wird. Es sind diese kleinen Nachrichten, die einen Eindruck vom grossen Kulturkampf geben, der da momentan ausgetragen wird.


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3. Apropos Anforderungen wie in islamischen Kalifaten: Die Schauspielerin Jennifer Lawrence wurde Opfer eines Shitstorms, weil sie sich erdreistete, bei der Vorstellung ihres neuen Films ein Versace-Kleid mit tiefem Ausschnitt und High Heels zu tragen. Damit stütze sie frauenfeindlichen Sexismus. Andere machen sich Gedanken, dass Lawrence zu ihrem Auftritt in diese Garderobe gezwungen wurde. Das Promi-Magazin "Vip" bezeichnet ein Foto von Lawrence in diesem Kleid sogar als "Foto, das die Welt erschüttert" und berichtet, dass inzwischen auch das Tragen von Yoga-Hosen als "unfeministisch" angeprangert wird.

Lawrence wies die Attacken empört als "nicht feministisch" zurück: "Denkt ihr ernsthaft, dass ich dieses super Outfit mit einem Schal und einer Jacke bedecken würde?" Genau das wird offenkundig von ihr erwartet.

Derweil erntet die Herzogin Kate Middleton den Unmut der MeToo-Fraktion, weil sie zu den brtischen Bafta-Awards in einem dunkelgrünen, statt in einem schwarzen Kleid erschienen war. Für die Vanity Fair indes ist schon Middletons schwarze Schärpe eine starke politische Aussage. Insgesamt gibt es allein in Deutschland bis hin zur Süddeutschen Zeitung gleich mehrere Dutzend Artikel über Kate Middletons Verstoß gegen die politisch korrekte Kleiderordnung.

Wer sich als prominente Frau all diesen Unmut ersparen möchte, erscheint in der Öffentlichkeit am besten brav in schwarz und so, dass möglichst keinerlei Haut zu sehen ist. Ein Tschador oder eine Burka sind vermutlich die sicherste Wahl.

Yay Feminismus!



4. Im liberalen Magazin Sp!ked widmet sich Stephanie Gutmann dem aktuellen Kulturkampf um die Sexualität. Ein Auszug:

Sogar Hardcore-Feministinnen mussten sich quälen, um den Vorfall um den Schauspieler Aziz Ansari als Angriff oder Belästigung zu bezeichnen. Also, was war es dann? Nun ... offensichtlich war es Etwas Wegen Dem Etwas Getan Werden Sollte. Aber was ist zu tun? Die Theoretiker machten sich an die Arbeit.

Sehr bald hatten sie ihr Urteil gefällt. Feministische Texte können extrem dicht sein - in der akademischen Art und Weise -, aber letzten Endes verdichtet es sich hierauf: "Wir sind durch die Frage, Einverständnis oder kein Einverständnis abgelenkt worden. Dieses Aufhängen an der Zustimmung zum Sex, die sich aus den Gesetzen ergibt, die natürlich von Männern geschrieben wurden, ist obsolet. Sex an sich ... äh, der Sex mit Männern ... ist das Problem." Rebecca Traister vom Magazin New Yorker schrieb: "Es ist an der Zeit, über den Sexismus zu sprechen, der unsere sexuellen Interaktionen - auch die einvernehmlichen - ungleich und für Frauen oft unbefriedigend macht."

Die feministische Website Jezebel hat einen Beitrag mit dem Titel "Es ist Zeit, die Wildnis des schlechten Sex zu kartographieren" herausgebracht. Auch hier lautet das Urteil, dass das Problem nicht in Vergewaltigung oder körperlichen Angriffen besteht, sondern in etwas, das die Autorin als "den Sex, den er sich nimmt" bezeichnet.

Was diese Feministinnen wirklich so anpisst, sind nicht gewaltsame Übergriffe, sondern was sie als schlechten Sex betrachten. Diese Art der Analyse ignoriert die Tatsache, dass die sexuellen Reaktionen der Frauen oft anders sind als die der Männer. Frauen zum Beispiel benötigen mehr Vorspiel, um erregt genug zu werden, um überhaupt Sex, geschweige denn einen Orgasmus zu haben. Dieses Vorspiel kann in Form von Worten, Gedanken und Phantasien geschehen.

Wenn Feministinnen glauben, dass Sex jetzt schlecht ist, warten Sie, bis das Vorspiel weg vom Fenster ist. Was ist Verführung, außer der Überwindung von Widerstand? Was ist Beharrlichkeit - jetzt definiert als Belästigung – anderes als die Kommunikation von Begehren: Begehren, das so stark ist, dass es mehr als einen Versuch befeuert? Frauen werden oft durch das Verlangen der Männer nach ihnen erregt.




5. Auch in Deutschland geht der Kulturkampf darum, ob Männer Frauen noch begehren oder bewundern dürfen, munter voran:

Am Brandenburger Tor in Berlin werden nach der Debatte um ein angeblich sexistisches Gedicht von Eugen Gomringer künftig zwei Gedichte des bolivianisch-schweizerischen Künstlers auf meterhohen Fassaden präsentiert.

Ab Donnerstag ist das in die Kritik geratene Gedicht "avenidas" auf einem über acht mal zwei Meter großen Banner am Max Liebermann Haus in Deutsch und Spanisch zu sehen, wie die Stiftung Brandenburger Tor am Mittwoch ankündigte.


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Themenwechsel.



6. Ein Fundstück aus dem Internet ist ein Artikel des britischen "Telegraph" von Oktober 2016. Er beschäftigt sich damit, dass weibliche Autofahrer aggressiver sind als Männer. Ein Auszug:

Der Forscher Patrick Fagan, Verhaltenspsychologe von der Goldsmiths University London, sagte: "Psychologisch gesehen haben Frauen bei emotionaler und verbaler Intelligenz und beim Persönlichkeitsmerkmal des Neurotizismus höhere Werte als Männer. Die Evolutionstheorie legt nahe, dass unsere frühen weiblichen Vorfahren ein akutes Gefahrengefühl für alles entwickeln mussten, was sie und ihre Jungen bedrohte, wenn ihre Höhle nicht verteidigt wurde, während Männer auf der Jagd waren. Dieser "Frühwarnsystem"-Instinkt ist auch heute noch aktuell, und weibliche Autofahrer neigen dazu, empfindlicher auf negative Reize zu reagieren, also werden sie schneller wütend und frustriert."


Moment Mal. Frauen haben höhere Werte bei Neurotizismus als Männer? Ist das nicht genau die Behauptung, wegen der James Damore bei Google als "sexistisch" und "diskriminierend" gefeuert wurde – und für das National Labor Board ein Grund, diesen Rauswurf als gerechtfertigt zu erklären? Wäre es dann nicht konsequent, auch den Fachbereich der Verhaltenspsychologie als "sexistisch" und "diskriminierend" abzuschaffen? Damit wäre dann auch mehr Raum für neue Gender-Lehrstühle geschaffen.



7. Einer meiner Leser hat in der ZDF-Reihe "Das kleine Fernsehspiel" einen Film über obdachlose Männer in München entdeckt. Insgesamt bleibt das Medieninteresse bei diesem Thema aber deutlich geringer als beispielsweise an Kate Middletons Kleid.



8. Ein anderer meiner Leser schreibt mir:

Jungs sind doch nicht dasselbe wie Mädchen und neben den primären Geschlechtsmerkmalen gibt es weitere Unterschiede, die keine Rollenklischees sind. Das ergab eine Metaanalyse, die 1788 wissenschaftliche Artikel und 16 Studien aus 85 Jahren umfasste. Ein Sekundärartikel dazu fand sich schon im Dezember in der Süddeutschen Zeitung.


Mein Leser hat mir den Abstract (die Zusammenfassung) der Studie netterweise auch gleich übersetzt:

Von klein auf entscheiden sich die meisten Kinder dafür, mit Spielzeug zu spielen, das nach ihrem eigenen Geschlecht typisiert ist. Um Variablen zu identifizieren, die die Präferenz von Spielzeug vorhersagen, haben wir eine Meta-Analyse von Beobachtungsstudien über die freie Auswahl von Spielzeug durch Jungen und Mädchen im Alter zwischen 1 und 8 Jahren durchgeführt. Aus einem anfänglichen Pool von 1788 Arbeiten erfüllten 16 Studien (787 Jungen und 813 Mädchen) unsere Einschlusskriterien. Wir fanden heraus, dass Jungen mehr mit männlichen Spielzeugen spielten als Mädchen (Cohen's d = 1.03, p <.0001) und Mädchen mit weiblichen Spielzeugen mehr als Jungen (Cohen's d = -0.91, p <.0001). Meta-Regression zeigte keinen signifikanten Effekt der Anwesenheit eines Erwachsenen, des Studienkontexts, der geographischen Lage der Studie, des Veröffentlichungsdatums, des Alters des Kindes oder der Einbeziehung von geschlechtsneutralen Spielzeugen. Eine weitere Analyse der Daten für Jungen und Mädchen ergab jedoch getrennt voneinander, dass ältere Jungen im Vergleich zu weiblichen Spielzeugen mehr mit männlichen Spielzeugen spielten als jüngere Jungen (β = .68, p <.0001). Zusätzlich wurde ein Effekt der Zeitspanne seit der Veröffentlichung der Studie festgestellt: Mädchen spielten in früheren Studien mehr mit weiblichen Spielzeugen als in späteren Studien (β = .70, p <.0001), während Jungen in früheren Studien mehr mit männlichen Spielzeugen spielten (β = .46, p <.05) als in neueren Studien. Jungen spielten auch mit männlichen Spielzeugen weniger, wenn sie zu Hause beobachtet wurden, als in einem Labor (β = -.46, p <.05). Die Ergebnisse werden im Hinblick auf mögliche Beiträge von Umwelteinflüssen und altersbedingten Veränderungen der Spielzeugpräferenzen von Jungen und Mädchen diskutiert.


Mein Leser zieht das Fazit:

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Auswahl von Spielzeug bestehen und scheinen das Produkt sowohl angeborener als auch sozialer Kräfte zu sein.

Trotz methodischer Unterschiede bei der Auswahl und Anzahl der angebotenen Spielzeuge, dem Testkontext und dem Alter des Kindes zeigt die Konsistenz bei der Suche nach geschlechtsspezifischen Unterschieden in den Präferenzen der Kinder für Spielzeug, das nach ihrem eigenen Geschlecht typisiert ist, die Stärke dieses Phänomens und die Wahrscheinlichkeit, dass es einen biologischen Ursprung hat.

Dies deutet darauf hin, dass stereotype soziale Effekte bei Jungen länger andauern können oder dass es eine stärkere biologische Veranlagung für bestimmte Spielstile bei Jungen gibt.

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