Freitag, Februar 23, 2018

Martenstein: "Das Gerede von Toleranz und Diversity zerbröselt wie Dreck" – News vom 23. Februar 2018

1. Im Berliner "Tagesspiegel" beschäftigt sich Harald Martenstein mit der "sozialen Hinrichtung" Woody Allens.



2. Die Berliner Humboldt-Universität ist das deutsche Zentrum sowohl des Gender-Lagers als auch der hiesigen Social Justice Warriors (siehe nur beispielhaft etwa hier, hier, hier, hier, hier und hier). Die Welt" bezeichnete diese Hochschule deshalb einmal auch als "Spinner-Auffangbecken". Jetzt zeigt sich: An der Uni gibt es noch ganz andere Probleme:

Spätestens am 15. November 2017 hätte der Berliner Senat merken müssen, dass in den studentischen Gremien der Humboldt-Universität eine Menge im Argen liegt. An diesem Tag veröffentlichte der "Tagesspiegel" einen Artikel, der zuvor in der von Studenten der Humboldt-Universität herausgegebenen Zeitschrift "Unaufgefordert" erschienen war. Darin deckten die Autoren auf, dass sich im Studentenparlament und Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Hochschule einige wenige Mitglieder Ämter gegenseitig zuschachern – und dafür Aufwandsentschädigungen bis zu 735 Euro monatlich kassieren. Jährlich werden an der Humboldt-Uni insgesamt 114.000 Euro an Aufwandsentschädigungen für Funktionäre der studentischen Selbstverwaltung ausgezahlt.

Derartige Praktiken herrschen schon lange beim Asta der Humboldt-Universität, der dort aus historischen Gründen "ReferentInnen-Rat" (RefRat) heißt. Recherchen zum Thema gestalteten sich schwierig, da oft schon unklar ist, wie die Funktionäre überhaupt heißen. In Sitzungsprotokollen steht zum Teil nur ein Vorname, weshalb kaum nachvollziehbar ist, wer welches Amt bekleidet. "Es scheint so, als ob viele Mitglieder gar nicht wollen, dass ihre Aktivitäten bekannt werden", heißt es in dem "Unaufgefordert"-Artikel.


Hier geht es weiter mit Jochen Zenthöfers Artikel im "Cicero".



3. Im Magazin "Quartz" wehrt sich Ephrat Livni gegen den neu entfachten Kult um die Frau als ewiges Opfer. Ein Auszug:

Guten Morgen, Amerika. All dein jüngstes Gerede über die Gleichheit der Geschlechter hat nur gezeigt, wie weit du von politischem Bewusstsein entfernt bist. Trotz bester Absichten setzt die aktuelle kulturelle Konversation über Feminismus den Sexismus fort.

Aus meiner Sicht bin ich bereits gleichberechtigt und wurde 1972 so geboren. Kein Grund, jetzt darüber zu streiten. Ich habe nicht darauf gewartet, dass jemand aufwacht oder mir Platz macht. Stattdessen gestaltete ich ein abenteuerliches, unabhängiges und produktives Dasein mit Mut und Schwung.

(...) Ich verliere die Geduld mit Diskussionen über das Geschlechterthema, die auf der Annahme basieren, dass ich an einer imaginären Startlinie kämpfe. Es gibt zweifellos Ungleichheiten, aber die Frauen haben schon seit einiger Zeit in der Arbeitswelt und darüber hinaus Fortschritte gemacht und Großes geleistet. Doch die überwältigende Botschaft lautet nun, dass wir unsere Macht nicht besitzen, wenn wir nicht über unser Leiden aufschreien, und dass starke Damen viel darüber reden, wie schlecht sie es haben.

(...) Ich bin mir nicht sicher, was die ganze momentane Aufregung soll, aber ich weiß, dass jene Geschichten, die viele zu ermutigen scheinen, mich stattdessen verzweifeln lassen. Nehmen Sie die kulturelle Umarmung von #MeToo - ein Slogan, der zuerst für missbrauchte Mädchen kreiert wurde und der davon ausgeht, dass sexuelle Gewalt ein positives verbindendes Thema für erwachsene Frauen ist. Die gegenwärtige Bewegung impliziert, dass wir Frauen unsere Jobs, Körper oder Kollegen nicht bewältigen konnten, bis Twitter und angriffslustige junge Damen endlich geboren wurden und aufwuchsen, um uns zu retten. Der kulturelle Durst nach Geschichten zu diesem Thema signalisiert den Frauen, dass unsere Demütigung faszinierend ist - vor allem, wenn es um reiche Männer und ihre Perversionen geht. Die gesamte Presse erregt nur eine Gesellschaft, die bereits von Sex, Gewalt, Geld und Macht fasziniert ist.

(...) Eine Frau zu sein, erschien mir noch nie wie eine berufliche Gefahr oder Grund zur Sorge. Aber jetzt kann ich den Tsunami der Ungleichheit nicht ignorieren; und es ist klar, dass ich beeindruckt sein soll von Kämpfen um die Rechte, die ich bereits habe und mit offenen Augen ausübe.

Diese Herangehensweise an Befreiung scheint rückständig, restriktiv und respektlos gegenüber Frauen zu sein, die gearbeitet haben, einige mit sehr erfolgreichen Karrieren. So wurde zum Beispiel das literarische Kraftpaket Margaret Atwood im Januar beschuldigt, eine "Schlechte Feministin" zu sein, weil sie sich 60 kanadischen Schriftstellern und Akademikern in einem Brief von 2016 anschloss, in dem diese den Entlassungsprozess des Schriftstellers und Universitätsprofessors Steven Galloway kritisierten, der von einem Studenten des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde. Galloway behauptete, die Beziehung sei einvernehmlich gewesen. Aber Atwood verteidigte seine Aktionen nicht - sie kritisierte, wie die Universität mit der Sache umging. Dieses Jahr, im Januar, haben sich ein paar Leute von dieser Liste der Kritiker entfernt, und einige haben sich neu angemeldet. Atwood blieb standhaft und wurde von Frauen beschuldigt, einen Krieg gegen Frauen zu führen.

In ähnlicher Weise wurde die Schauspielerin Catherine Deneuve, die einen Brief mit 100 französischen Koryphäen unterschrieb, die jenen Feminismus ablehnten, der Frauen die Handlungsmacht abspricht, online verurteilt, bis sie sich entschuldigte. Bemerkenswert ist, dass Deneuve und Atwood mit 74 bzw. 78 Jahren nicht mehr die Jüngsten sind. Sie begannen, zu unserer Kultur beizutragen, als es weitaus weniger Frauen gab, die große Höhen erreichten, und das Geschlecht als Wirtschaftskraft bedeutend weniger mächtig war. Aber ihre gesammelte Weisheit, ihre Erfahrung, ihr professioneller und, ja, ihr finanzieller Erfolg reicht nicht aus, um junge Frauen irgendwie zu beeindrucken.

Anscheinend wird die schöne neue Damenwelt intolerant, antiintellektuell und altersfeindlich sein. Ich kann es kaum erwarten.

(...) Ich weise die Behauptung zurück, die sich in den Kampagnen für meine Gleichberechtigung verbirgt, dass ich dise Gleichberechtigung nicht längst habe, sondern dass ich im Leben verliere. Ich verliere nicht mehr als jeder andere, dessen Existenz mit jedem Atemzug vergeht. Und ich sehe nicht, wie Gespräche über Geschlechterthemen, die meine Position oder meine Macht nicht anerkennen, mein Anliegen voranbringen können, das darin besteht, mit allen Menschen respektvoll umzugehen – als menschliche Wesen und nicht als unterdrückte Splitter von Identitäten.




4. Wissenschaftspioniere wie Elon Musk streben derzeit an, die Raumfahrt wieder aufzunehmen und die ersten Menschen zum Mars zu bringen. Das ist nicht mehr als die Neuauflage des Patriarchats und Zeichen "toxischer Männlichkeit", findet Marcie Bianco. Genderama hat nie davor zurückgescheut, auch Auszüge aus feministiischen Artikeln zu zitieren und die Leser sich ihr eigenes Urteil bilden zu lassen:

Diese Männer, vor allem Musk, haben nicht nur stark in diejenigen investiert, die ihre Rakete zuerst ins All bringen können, sondern auch in die Kolonisierung des Mars. Der Wunsch, zu kolonisieren - unhinterfragten, unbestrittenen und automatischen Zugang zu etwas, zu jeder Art von Körper zu haben und ihn nach Belieben zu nutzen - ist patriarchalisch.

(...) Es ist die gleiche instinktive und kulturelle Kraft, die Männern beibringt, dass alles - und jede - in ihrem Blickfeld ihnen gehört. Du weißt schon, wie zu einer Frau zu gehen und sie an der Muschi zu packen.

Sie ist da, also schnapp sie dir einfach, weil du es kannst.

(...) Der Impuls zur Kolonisierung - zur Kolonisierung von Ländern, zur Kolonisierung von Völkern und, jetzt, da wir bald technologisch dazu in der Lage sein werden, zur Kolonisierung des Weltraums - hat seinen Ursprung in geschlechtsspezifischen Machtstrukturen. Anspruch auf Macht, Kontrolle, Herrschaft und Besitz. Das vermeintliche Recht, etwas zu benutzen und zu missbrauchen und dann wegzugehen, um etwas Neues zu erobern und zu kolonisieren.

(...) Am Freitag vor dem Start von SpaceX sagte mir der legendäre Astronaut Buzz Aldrin während des Mittagessens, dass wir unbedingt über die Erforschung des Weltraums im Sinne von "Migration" sprechen müssen, anstatt Wörter wie "kolonisieren" oder "siedeln" zu verwenden, wenn wir über den Weg zum Mars sprechen.

Durch eine feministische Linse offenbarte Aldrins bewusste Wortwahl eine wichtige Realität des Weltraumrennens: Diese Form des Imperialismus des 21. Jahrhunderts ist die direkte Folge davon, dass Männer den Planeten aufgeben, den sie fast vollständig zerstört haben.

Als ob die Geschichte nicht bewiesen hätte, dass Männer von Land zu Land ziehen, betrunken von Größenwahn und dem Privileg der Gleichgültigkeit.

Die Vergewaltigung und Plünderung der Erde und das dadurch ausgelöste Umwelt-Chaos sind integraler Bestandteil des Kolonisationsprozesses.

(...) Im Moment befindet sich auf dem Fahrersitz eines roten Teslas ein Roboter-Dummy, der durch den Weltraum fliegt, weg von den von Männern gemachten Müllfeuern, die die Erde verschlingen.

Houston, wir haben ein Problem.

Und es heißt Patriarchat.




5. Zuletzt: MeToo gibt es demnächst auch als Superhelden-Comic.

kostenloser Counter